Umbau der ersten Anlage


Von dem Konzept der Klappanlage konnte ich nicht weichen, da die Räumlichkeiten immer noch die gleichen waren (meine Eltern wohnen heute noch in der gleichen Wohnung). Allerdings gefiel mir das spielerische an der Anlage nicht mehr, da immer nur im Kreis zu Fahren auf Dauer verdammt langweilig ist. Zudem fehlte mir ein BW – so richtig mit Drehscheibe und Ringlokschuppen.
Lange vor den Weihnachtsferien begann ich mir also Gedanken darüber zu machen. Um eine Planungsgrundlage zu haben klappte ich meine Anlage herunter und zeichnete alle Schienen ab, die da aufgenagelt waren. Ob ich das in den davorliegenden Herbstferien gemacht hatte oder irgendwann zwischendurch, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlicher sind aber die Herbstferien, denn da ich nie so besonders in der Schule war, wurde die Erlaubnis zum Herunterklappen der Anlage nur in Ferien erteilt (oder besser gesagt: wir waren so anständig und hatten immer nur für die Zeit der Ferien gefragt, ob wir durften).
Diese erste Bestandsaufnahme war zeichnerisch nicht gerade sehr befriedigend (man musste ja erst einmal einen groben Überblick haben). Die zweite Zeichnung war dann richtig maßstäblich (1:10) auf DIN-A 4 und anschließend noch einmal auf vier zusammengeklebten A4 Seiten im Maßstab 1:5 mit Zirkel und Lineal! Ich denke man merkt schon an der Tatsache, daß ich Seiten zusammengeklebt hatte, daß ich an permanenter Geldnot litt – mit ca. 15 ist das ja auch kein Wunder.
Mit Aufnahme einer Stückliste war das Thema erst einmal erledigt und die folgenden Wochen verbrachte ich damit, eine Konzeption auszuarbeiten, die den Spielbetrieb interessanter werden läßt. Sehr schnell wurde mir klar, daß sich ein BW auf dieser Klappkonstruktion nicht vernünftig aufbauen läßt, also plante ich eine 1m * 1m große Platte ein, die man neben die vorhandene Konstruktion stellen sollte. Diese Platte wäre nicht so groß und könnte dann auch in der "Eisenbahnlosen" Zeit zwischen den Ferien im Zimmer verbleiben, aufgebaut, mit Loks, Wagen und vor allem: funktionstüchtig. So dachte ich zumindest, aber es blieb nur eine Idee (obwohl eine Zufahrt dorthin von der Klappanlage aus eingebaut worden ist). Der Grund für das Scheitern dieser Idee lag in der oben beschriebenen Tatsache der permanenten Geldnot und alleine die Drehscheibe hätte ein mittleres Vermögen gekostet – relativ zum Taschengeld.

Der ganze Umbau war sogar so geplant, daß ich möglichst keine neuen Gleise und schon gar nicht irgendwelche neuen Weichen hätte kaufen müssen. Es ging aber kein Weg daran vorbei, zumindest einige Stücke Flexgleis zu kaufen und eine 90° Kreuzung für eine doppelte Gleisverbindung.
Also, zurück zu der Konzeption: Die Grundzüge der Anlage wurden beibehalten, also die verschlungene Acht in zwei Ebenen und der dritte "Stromkreis", allerdings nur noch als relativ einfacher Kreis, aber mit den gleichen Aufgaben wie vorher, nämlich u.a. das Wenden ganzer Züge.
Die große Änderung war der Umbau des an der vorderen Kante gelegenen Durchgangsbahnhofs in einen Kopfbahnof. Der dritte "Stromkreis" wurde zur S-Bahn Line umdeklariert um damit eine Rechtfertigung zu bekommen, neben dem Kopfbahnhof als Durchgangslinie hinzuzukommen. Das Argument war, daß Anfang der siebziger Jahre diese Gleise hinzugebaut worden sind. Schließlich ist das sogar Tatsache, daß in den späten 60ern und frühen 70ern in vielen Städten in Deutschlands S-Bahnen entstanden - jedoch dann meist unterirdisch, wenn Durchgangsstrecken zu bestehenden Kopfbahnhöfen hinzugekommen sind (z.B. Stuttgart und Frankfurt). Heute kenne ich einen Bahnhof, der tatsächlich beides ist: Dresden Hbf.

Die große Schwierigkeit an dieser Konzeption war meine Forderung, aus beiden Hauptgleisen heraus kreuzungsfrei und lagerichtig in den Bahnhof hinein und dann auch wieder kreuzungsfrei und lagerichtig herausfahren zu können. Nebenbei bemerkt: Alleine dafür wäre die Drehscheibe schon wirklich hilfreich gewesen, denn solange diese Anlage existierte, drehte ich meine Loks indem ich sie per Hand aus dem Zug herausnahm und dann per Hand an das andere Ende wieder ankuppelte – nicht gerade sehr schön…
Dann kamen endlich, nachdem alles schön gezeichnet, fehlendes Material besorgt war und die Stückliste keine Defiziete mehr aufwies, die Weihnachtsferien. Sofort am ersten Tag klappte ich die Anlage herunter, baute alles auf und machte noch einige
Fotos (dieses und die folgenden) dieser verbleichenden Anlage. Bitte entschuldigt die schlechte Qualität dieser Fotos, die sind erstens schlecht gemacht und zum anderen dann noch auf Dia und dann auf Papier gezogen, um sie abschließend einzuscannen...

Danach wurde alles entnagelt, Käbelchen abgeschnitten, der Zwischenboden der Platte "entkernt", alles sortiert bis dann fast nur noch die rohe Holzplatte übrig war.

Zuerst komplettierte ich die Strecken, die ebenerdig lagen und anschließend die
doppelte Gleisverbindung her, über die jeder ankommende oder abfahrende Zug in irgendeiner Weise musste – entweder kreuzend oder direkt. Letztendlich wurden also zwei ankommende und zwei abgehende Gleise (=4 Gleisstränge) auf diese doppelte Gleisverbindung reduziert (=2 Gleisstränge) um dann wieder auf sechs Kopf machende Gleise aufgefächert zu werden. Das Ganze kam auf eine zusätzliche Holzplatte. Die andere Platte bestand dann nur noch aus geraden Gleisen. Danach war ich erst einmal "stolz wie Oskar", denn das Ding mit den Gleisen sah schon recht imposant aus mit einer Länge von rund zwei Metern.
Unter dem
Hauptbahnhof hatte ich schon genug Platz eingeplant, um später einen Schattenbahnhof einzubauen zu können, der dann aber genauso wie das BW nie realisiert worden ist. Direkt mit einbauen ging nicht, da eben das Geld für weitere Weichen nicht reichte. Dann kam der große Moment, wo diese beiden Platten eingebaut wurden – toll sah das aus.

Da ich vorher noch nie irgendwelche Trassen aus Holz ausgeschnitten hatte (für die Zufahrtsrampen) konzentrierte ich mich erst einmal darauf, die
obenliegenden Strecken als solche fertigzustellen (im Bild der Teil mit dem Durchgangsbahnhof rechts). Nötige Rampen übernahm ich aus der vorherigen Konstruktion. Doch irgendwann kam dann der Moment, wo die Zufahrten für den Bahnhof – basierend auf Flexgleisen in Form von Rampen fertiggestellt werden mussten. Es war schon recht kompliziert diese Trassen im "freien Raum" auf eine Holzplatte vernünftig aufzuzeichen (natürlich hatte ich mir bei den Wochen der Planung vorher KEINE Gedanken darüber gemacht).
Ausschneiden mit Papas Stichsäge war kein Thema – die Befestigung dieser Trasse auf Klötzchen um eine Steigung hinzubekommen dagegen schon. Letztendlich nahm ich jeden Nagel und jede Schraube, die ich im Keller finden konnte und das waren allesamt nicht die richtigen Größen, um kleine Holzklötzchen splitterfrei befestigen zu können. Naja – da ja keine großen Gewichte zu tragen sind und später dann Mauerplatten auf diese rohe Konstruktion aufgeklebt wurden hielt das eigentlich ganz gut.

Die nächste Schwierigkeit ergab sich sofort danach: Die Flexgleise. Heute kann ich mit denen recht gut umgehen (davon aber sehr viel später), damals jedoch nicht. Mit der Stichsäge riß ich sofort die Schienen aus der Plastikbefestigung und mit der Laubsäge war das auch nicht so einfach, wenn kein Schraubstock vorhanden ist, in dem man das Gleis hätte einspannen können. Ich glaube, mehr aus Verzweiflung kam ich dann auf den Seitenschneider.
Mit dem ging das Kürzen der Flexgleise schnell und vor allem: Ich konnte die Gleise dort abschneiden, wo ich die genaue Länge wußte, nämlich im verlegten Zustand……. daß die Profile mit dem Seitenschneider mehr zerquetscht als geschnitten wurden war zwar ein unschöner Nebeneffekt, störte mich damals aber in keinster Weise. Leider erwiesen sich diese Schnittkanten im späteren Betrieb als nicht seht gut. Und auch die Rampen, die ich da gebaut hatte, erwiesen sich als viel zu steil.
Ich hatte während der Planung mit 4,5 cm gerechnet, die ich an Höhe zu überwinden hatte – dummerweise sind die 4,5 cm aber die mindeste lichte Höhe, gemessen vom Grundniveau, also nicht von Schienenoberkante und ich hatte schlicht die Stärke des Materials, auf dem ich die Bahnhofsgleise montiert hatte vergessen – und damit kamen dann noch mal 10mm hinzu. Zudem mußte ja die Anhöhe des
Bahnhofs auch gebaut werden und um es einfacher zu haben besorgte ich mir einfach 5cm breite Leisten aus dem Baumarkt. Die Folge waren dann 6 cm, die auf einer Strecke von 150 cm zu überwinden waren – macht eine Steigung von 4%, teilweise im Bogen liegend.
Für den H0-Fahrer mag das normal sein; Bei den leichten N-Loks ist das aber fahrtechnisch nicht mehr so erfreulich, vor allem nicht, wenn man da mit sechs langen D-Zugwagen hochmöchte. Außerdem sieht eine so steile Steigung nicht gerade sehr toll aus und noch weniger, wenn sie an einer der offenen Anlagenkanten liegt.

Anschließend wurde die
S-Bahn Ringstrecke fertiggestellt, die jetzt kein Problem mehr darstellte.

Das Ergebnis dieser Umbauaktion – immerhin in den rund drei Wochen der Weihnachtsferien durchgezogen – war zwar nett, aber nicht mehr. Wie schon erwähnt, machte sich das Fehlen einer Drehscheibe für den Fahrbetrieb negativ bemerkbar. Die extremen Steigungen an den Zufahrtsrampen zum Bahnhof waren auch nicht der Weisheit letzter Schluß. Zudem fingen meine Loks auch noch an, nicht mehr sauber zu fahren, Landschaftsgestaltung war auch nicht so extrem möglich, wie man es sich so vorstellt, so daß sich der Spaß an dieser Anlage immer mehr verflüchtigte und dann ganz aufhörte und die eisenbahnlose Zeit anfing.

Eine kleine Anekdote noch am Rande: Ich konnte damals nicht löten. Nachdem ich eine Lehre als Fernsehtechniker gemacht hatte, wußte ich dann auch warum: Papas Lötkolben war schon sehr verzundert und vernünftiges Lötzinn hatte er auch nicht und ich machte den Fehler, das Lötzinn immer auf die kalten Verbindungsstellen tropfen zu lassen - in der Hoffnung, daß es sich schon irgenwie mit dem Material verbinden würde... Da man aber als "Modellbahner" schon hin und wieder auch mal eine Kaberverbindung zu erstellen hat, kam ich auf den Trick, die Verbindungsstellen einfach zusammenzudrehen und um sie mit einem Tropfen Uhu zu fixieren und zu isolieren. Erstaunlicherweise funktionierte das auch hervorragend ohne irgendwelche Störungen zu verursachen!
Das Stellpult - ein Sammelsurium von alten Märklinschaltern wurde mit den kleinen Bananensteckern angeschlossen.


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